Der Albrecht-Dürer-Verein und der Aufschwung des Nürnberger Kunstbetriebs ab 1940
„Vor den Toren Nürnbergs geht das Reichsparteitagsgelände seiner Vollendung entgegen. Der Name der Akademie ist mit dem Bau der Kongreßhalle entscheidend verbunden. Gleichnishaft für die ganze deutsche Kunst vollzieht sich in den Parteitagsbauten die neue Einheit der drei Künste: Architektur, Bildhauerei und Malerei, deren Lehrer mitten im Schaffen um den neuen deutschen Stil stehen.”
(Eberhard Lutze, Sinn und Aufgabe, in dem Buch „Die Akademie der bildenden Künste in der Stadt der Reichsparteitage Nürnberg“, 1940)
Willy Liebels langjähriges, enges Verhältnis zu Hitler und Speer war die Voraussetzung für die Erhebung der Nürnberger Staatsschule für angewandte Kunst zur „Akademie der Bildenden Künste in der Stadt der Reichsparteitage”, die er im April 1940 im Rahmen der Eröffnung der großen Doppelausstellung in der Norishalle und der Fränkischen Galerie verkünden konnte. Liebels Ambitionen, Nürnberg neben München als Hochburg des nationalsozialistischen Kunstbetriebs zu etablieren, schlugen sich auch in dem Vorhaben nieder, den Albrecht-Dürer-Verein als repräsentativen Ort für zeitgenössische Kunst zu etablieren. Anfang 1941 wurden die neuen Satzungen beschlossen sowie die Mitglieder in einem neuen Matrikelbuch verzeichnet. In den folgenden Monaten und Jahren konnte der Kunstverein einen regelrechten Boom verzeichnen. Kunstinteressierte aus sämtlichen Schichten, unzählige Künstler:innen und viele Nürnberger Firmen wurden Mitglieder und Fördermitglieder.

Besichtigung der Baumaßnahmen auf dem Reichsparteitagsgelände am 10. Juli 1935; München, Bayerische Staatsbibliothek/Bildarchiv

Katalog der „Ausstellung von Werken lebender fränkischer Künstler. Landschaftliche Kunstschau junger Künstler der Gaue Franken, Mainfranken und Bayer. Ostmark", Norishalle und Fränkische Galerie Nürnberg, 1940; Nürnberg, Stadtarchiv, Av 4109.8 (1940)

Willy Liebel im Gespräch mit Gerdy Troost während der Eröffnung der vierten „Großen Deutschen Kunstausstellung" im Münchner „Haus der Deutschen Kunst" im Juli 1940; Nürnberg, Stadtarchiv, A58/433
„Vielfältig sind so die Beziehungen, die sich von Nürnberg aus zur „Großen Deutschen Kunstausstellung" in München spannen. Dies ist ein Beispiel dafür, wie stark und zahlreich die Kräfte sind, die von dieser Kundgebung des nationalsozialistischen Kunstwillens aus in die verschiedenen Gaue des Großdeutschen Reiches reichen." (Nürnberger Schau, August 1940)

Willy Liebel (li.) im Inneren der im Bau befindlichen Kongresshalle während des Staatsbesuchs des faschistischen General Attilio Terruzi 1940; Nürnberg, Stadtarchiv, A58/571
Die Kunstprofessor:innen, allesamt Mitglieder des Albrecht-Dürer-Vereins, erhielten zahlreiche Aufträge für die Bauten auf dem Reichsparteitagsgelände. Alleine für die Kongresshalle wurde Ernst Andreas Rauch mit 30 Plastiken und fast 30 Reliefs beauftragt.

Eberhard Lutze, Die Akademie der Bildenden Künste in der Stadt der Reichsparteitage Nürnberg, 1940; Köln, Privatsammlung

Eberhard Lutze, Die Akademie der Bildenden Künste in der Stadt der Reichsparteitage Nürnberg, 1940; Köln, Privatsammlung

Mitgliederbewegung zwischen 1900 und 1942; Nürnberg, Stadtarchiv, E6/132 Nr.197
Nachdem die Mitgliederzahl in den Jahren nach der Weltwirtschaftskrise 1929 bereits stark zurückgegangen waren, hatte der Albrecht Dürer Verein 1933 noch 498 Mitglieder. In den beiden Folgejahren machte sich der Ausschluß der jüdischen Mitglieder deutlich bemerkbar. Nach dem vorläufigen Tiefpunkt 1940 mit nur noch 307 Mitgliedern war bereits Ende 1941 wieder der Stand von 1933 erreicht.

Übersicht über die Fördermitglieder des Jahres 1941; Nürnberg, Stadtarchiv, E6/132 Nr.197
Zahlreiche Nürnberger Firmen – von MAN und den Siemens Schuckert Werke über die Triumph-Werke bis zur Bayerischen Milchversorgung – waren Ende des Jahres 1941 Fördermitglieder des Albrecht–Dürer–Vereins. Dazu gehörten auch die Neumitglieder Arno Breker, Albert Speer, Hermann Kaspar und Heinrich Hoffmann. Von MAN, den Triumph-Werken und der Bayerischen Milchversorgung erhielt der Kunstvereins auch nach seiner Neugründung 1949 größere Zuwendungen.

Matrikel-Buch des Albrecht-Dürer-Vereins 1941- ; Nürnberg, Stadtarchiv, E6/132 Nr.214
Die ersten Einträge des neuen Matrikelbuches stammen vom 23. Januar 1941, darunter Eberhard Lutze und Heinz Schmeißner, der bereits seit 1938 Mitglied des Albrecht–Dürer–Vereins war. Kurz darauf folgten Akademieprofessor:innen wie Irma Goecke und Franz Ruff.

Fotografie einer Mitgliedskarte aus dem Jahr 1941; Nürnberg, Archiv des Kunstverein Nürnberg – Albrecht Dürer Gesellschaft
„Wenn die Stadt der Reichsparteitage Nürnberg eine ihrer auf kulturellem Gebiet vornehmsten Aufgaben inmitten des größten Kriegsgeschehens der Geschichte einem Verein anvertraut, so hat das besonderen Sinn: die Förderung der bildenden Kunst soll dadurch neue Impulse erhalten und auf möglichst breite Grundlage gestellt werden. Sie soll nicht mehr nur behördliche Maßnahme sein, sondern getragen werden von der gemeinschaftsbildenden Verantwortung einer Vereinigung. Als der älteste deutsche Kunstverein ist der Albrecht-Dürer-Verein zu dieser Aufgabe in besonderem Maße berufen.“
(Willy Liebel, Vorwort des Kataloges „Ausstellung von Werken lebender fränkischer Künstler. Kunstschau junger Künstler der Gaue Franken, Mainfranken und Bayer. Ostmark”, 1941)
1941 wurde der Albrecht-Dürer-Verein mit der Durchführung der Doppelausstellung „Ausstellung von Werken lebender fränkischer Künstler. Kunstschau junger Künstler der Gaue Franken, Mainfranken und Bayerische Ostmark betraut. Dort waren unter anderem Hermann Gradl, Beiratsmitglied des Kunstvereins, beteiligt sowie die Künstler:innen und Mitglieder Fritz Griebel, Eitel Klein, Max Körner, Ria Picco-Rückert, Josef Pöhlmann und Wilhelm Nida-Rümerlin, dessen Hitler-Büste prominent präsentiert wurde. Im selben Jahr organisierte der Albrecht-Dürer-Verein große Einzelausstellung von Körner und Picco-Rückert, zwei der im NS meistbeschäftigten Nürnberger Künstler:innen. Max Körner stand ebenso wie Hermann Gradl auf der 1944 im Auftrag von Hitler und Goebbels kompilierten „Gottbegnadetenliste”. 1953 erhielt er den Großen Kulturpreis der Stadt Nürnberg, 1958 wurde er zum Ehrenmitglied des Kulturbeirats der Stadt Nürnberg ernannt, 1961 zum Ehrenmitglied der Künstler:innengruppe „Der Kreis“.

Ansicht der „Ausstellung von Werken lebender fränkischer Künstler. Kunstschau junger Künstler der Gaue Franken, Mainfranken und Bayer. Ostmark" in der Norishalle 1941; Nürnberg, Stadtarchiv, A39/I Nr.89-F

Fotografie der Jahresgabe des Albrecht-Dürer-Vereins für das Jahr 1941, Blasius Spreng, Der Genius, Radierung; Nürnberg, Archiv des Kunstverein Nürnberg – Albrecht Dürer Gesellschaft

Eröffnung der „Ausstellung von Werken lebender fränkischer Künstler. Kunstschau junger Künstler der Gaue Franken, Mainfranken und Bayer. Ostmark" in der Norishalle, April 1941; Nürnberg, Stadtarchiv, A58/850
Willy Liebel (2.v.r.) beim Rundgang während der Ausstellungseröffnung, li. Hermann Gradl

Ausstellungseröffnung „Aus dem Schaffen von Max Körner" in der Fränkischen Galerie, Juni 1941; Nürnberg, Stadtarchiv, A58/808
Zweiter Bürgermeister Walter Eickemeyer (2.v.l.) und Oberbürgermeister Willy Liebel (3.v.l.) neben Max Körner, im Hintergrund neben Körner Hermann Gradl

Katalog der Ausstellung „Aus dem Schaffen von Max Körner", hg. von dem Albrecht-Dürer-Verein der Freunde bildender Künste in der Stadt der Reichsparteitage Nürnberg, 21. Juni bis 22. Juli 1941; Nürnberg, Stadtbibliothek

Einladungskarte (außen) für die Eröffnung der Einzelausstellung von Ria Picco-Rückert am 16. August 1941; Nürnberg, Stadtarchiv, E6/132 Nr.118

Einladungskarte (innen) für die Eröffnung der Einzelausstellung von Ria Picco-Rückert am 16. August 1941; Nürnberg, Stadtarchiv, E6/132 Nr.118
„Infolge der tatkräftigen Förderung, die der Oberbürgermeister der Stadt der Reichsparteitage dem Verein nunmehr angedeihen läßt, darf mit Sicherheit erneut ein baldiger großer Aufschwung erwartet werden.”
(Wilhelm Schwemmer, Aus der Geschichte des Albrecht Dürer-Vereins, 1940)

Katalogangaben von Ria Picco-Rückert für das Buch „Nürnberger Kunst der Gegenwart" (1942); Nürnberg, Stadtarchiv, E6/132 Nr.124

Bürgermeister Dr. Eickemeyer eröffnet die Ausstellung „150 Jahre Nürnberger Kunst" in der Norishalle, 30. Mai 1942, Fotograf: Fritz Wittmann; Nürnberg, Stadtarchiv, A58/1136
Anlässlich des 150-jährigen Jubiläums des 1792 gegründeten Albrecht Dürer Vereins findet im Frühjahr und Sommer 1942, zwischen der zweiten und der dritten Massendeportation Nürnberger Juden und Jüdinnen im April und September 1942, die große Ausstellung „150 Jahre Nürnberger Kunst" statt.

Eröffnung der Ausstellung „150 Jahre Nürnberger Kunst" in der Norishalle, 30. Mai 1942, Fotograf: Fritz Wittmann; Nürnberg, Stadtarchiv, A58/1137
erste Reihe 4.v.re. Hermann Gradl, 7.v.re. Walter Eickemeyer, Zweiter Bürgermeister und Stadtkämmerer, ab 1938 2. Vorsitzender des Verwaltungsrates der Stadtsparkasse Nürnberg

Schreiben von Willy Liebel zur Anwerbung neuer Mitgliedern, Juni 1942; Nürnberg, Stadtarchiv, E6/132 Nr.118
Willy Liebel erklärte die Anwerbung neuer Mitglieder des Albrecht-Dürer-Vereins zur Chefsache und animierte sowohl Besucher:innen, die zu Ausstellungseröffnungen eingeladen worden waren, als auch bildende Künstler:innen, die an Ausstellung des ADV teilgenommen hatten, in persönlichen Schreiben zur Mitgliedschaft.