Kunst am Bau in Nürnberg am Beispiel des ehemaligen Milchhofs
„Tätigkeiten der letzten Jahre: Wandmalereien im Auftrag der Reichsbahn, Reichspost und Wehrmacht. Fresken an öffentlichen Gebäuden, und im Volkswagenwerk. Gobelinentwürfe für Wehrmacht und Industrie.“
(Karl Gries, Katalogangaben für das Buch „Nürnberger Kunst der Gegenwart“, 1942)
Besuch des Zoologischen Gartens am 3. Mai 1939 (von li. nach re. Martin Bormann, Albert Bormann, Adolf Hitler, Willy Liebel); München, Bayerische Staatsbibliothek/Bildarchiv
Neben den Bauten des Reichsparteitagsgeländes gab es zahlreiche weitere Baumaßnahmen, die lukrative Aufträge für Nürnberger Künstler:innen bedeuteten. Dazu zählten Hochschul- und Schulgebäude, Kirchen und Friedhöfe, Kultureinrichtungen und Verwaltungsgebäude. Einige Kunst-am-Bau-Arbeiten wurden für den 1939 fertiggestellte Tiergarten konzipiert.
Karl Gries, Das Paradies (1939) im Menschenaffenhaus des Zoologischen Garten Nürnberg; Nürnberger Schau, Mai 1941, Heft 5 (Foto Nürnberg, Stadtarchiv, AvPer 14(1941)[36])
Katalogangaben von Karl Gries für das Buch „Nürnberger Kunst der Gegenwart" (1942); Nürnberg, Stadtarchiv, E6/132 Nr.124
Karl Gries, der ebenso wie die bildenden Künstler Fritz Griebel, Hans Wimmer oder Akademieprofessor Ernst Andreas Rauch im Frühjahr 1942 Mitglied des Albrecht-Dürer-Vereins wurde, erhielt während des Nationalsozialismus, vor allem in Nürnberg, zahlreiche Kunst-am-Bau-Aufträge. Dazu zählten Wandarbeiten im Ohm-Polytechnikum 1933, im Bahnpostamt 1935, am Bahnhof Nürnberg-Zollhaus 1937, im Tiergarten 1939, am Alten Sudhaus 1940 und im Rathaus 1942.
Karteikarte des Hochbauamts der Stadt Nürnberg: Karl Gries; Nürnberg, Archiv Kunstvilla
Wandrelief von Carl Grossberg im Verwaltungsgebäudes des Milchhofs Nürnberg, 1931; Karlsruhe, saai | Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau
Das Verwaltungsgebäude des Milchhofs wurde von Otto Ernst Schweizer entworfen und 1931 fertiggstellt. Über dem Eingang befand sich ein großflächiges, modernistische Reliefbild von von Carl Grossberg, das von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Den Auftrag zur Übermalung der Fläche erhielt Karl Gries, dessen Triptychon wiederum in den 1990er Jahren weiß übertüncht wurde.
Karl Gries, Wandarbeit im Verwaltungsgebäude des Milchhofs, zwischen 1933 und 1940; Karlsruhe, saai | Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau
Karl Gries, Entwurf für die Wandarbeit im Verwaltungsgebäude des Milchhofs, zwischen 1933 und 1940; Nürnberg, Archiv des Kunstverein Nürnberg – Albrecht Dürer Gesellschaft
Die Feier des 25jährigen Betriebsjubiläums in der Schalterhalle des Verwaltungsgebäudes, in: Adam Pickel (Hg.), Die Bayerische Milchversorgung G.m.b.H. mit dem Sitz in Nürnberg, Ausführung: Graphische Kunstanstalt Karl Ulrich & Co., Nürnberg, 1944 (ermittelt); Nürnberg, Archiv des Kunstverein Nürnberg – Albrecht Dürer Gesellschaft
Die Bayerische Milchversorgung feierte 1940 ihr 25jähriges Jubiläum und wurde Ende 1941 Fördermitglied des Kunstvereins. Zu diesem Zeitpunkt war Willy Liebel Vorsitzender des Aufsichtsrates. Schatzmeister Lothar Fleischmann konnte gleichzeitig die Triumph-Werke, die Bast Aktiengesellschaft und die Dynamit-Actien-Gesellschaft als Fördermitglieder gewinnen.
Die Gefolgschaft des Hauptbetriebs bei einem Mittagskonzert in der Schalterhalle, in: Adam Pickel (Hg.), Die Bayerische Milchversorgung G.m.b.H. mit dem Sitz in Nürnberg, Ausführung: Graphische Kunstanstalt Karl Ulrich & Co., Nürnberg, 1944 (ermittelt); Nürnberg, Archiv des Kunstverein Nürnberg – Albrecht Dürer Gesellschaft
Neben dem Wandgemälde von Karl Gries überdeckten Teppichböden, Vorhänge und Sträucher im Inneren sowie Fahnen und Hoheitszeichen an der Fassade den modernistischen Gesamteindruck des Gebäudes.
Haupteingang des Verwaltungsgebäudes des Milchhof Nürnberg, nach 1933; Nürnberg, Archiv des Kunstverein Nürnberg – Albrecht Dürer Gesellschaft